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Yvonne Schönemann
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Raffinerie wird fit für die Zukunft gemacht
Jedes Auto muss zum TÜV. Auch eine Raffinerie wird in regelmäßigen Abständen durchgecheckt. Allerdings kommen die technischen Prüfer im Falle der Raffinerie auf das Betriebsgelände und es dauert Wochen, bis es die Prüfplakette gibt.
Bei der Mineraloelraffinerie Oberrhein (MiRO) steht wieder eine turnusmäßige Großinspektion an. Mitte Februar gehen alle 41 Prozessanlagen im Werkteil 1 (zwischen Rhein und Alb) sowie drei weitere Anlagen im Werkteil 2 (östlich der Alb) nach sechs Jahren Laufzeit außer Betrieb. Bei dem sechswöchigen Anlagenstillstand geht es allerdings um weit mehr als um die Erfüllung gesetzlicher Auflagen.
„Das Event 2021 ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg unserer Raffinerie in die Zukunft und markiert darüber hinaus unser Jubiläumsjahr“, erklärt Markus Scheib, Sprecher der Geschäftsführung, bei einer Informationsveranstaltung für Stadt, Nachbarn, Behörden und Medien. „Unsere Aktivitäten umfassen zweierlei: Wir machen unsere Anlagen fit für die neue Laufzeit, damit sie in den nächsten sechs Jahren sicher und effizient laufen. Wir setzen aber auch das größte Projektpaket unserer 25-jährigen Geschichte um“.
Mit den strategischen Projekten will die MiRO ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig stärken. Die hohe Konversionskapazität ihrer Schlüsselanlagen FCC und Koker soll durch eine raffinerieweite Optimierung maximiert werden. „Wir bringen die richtigen Moleküle in die richtigen Anlagen und erhöhen dadurch die Wertschöpfung“, erläutert Markus Scheib. „Die Margenverbesserung steht dabei auf zwei Beinen: Zum einen reduzieren wir die Kosten für Einsatzprodukte und zum anderen verbessern wir die Produktausbeute in Richtung Benzin, Diesel und Chemievorprodukte. Das gibt uns mehr Flexibilität. Eines unserer Ziele ist es, den Südwesten weniger abhängig von Dieselimporten zu machen. Bislang werden rund 40 Prozent eingeführt. Wir wollen den Diesel für die Region selbst herstellen“.
Die Gesamtinvestitionen liegen bei rund 300 Millionen Euro; davon entfallen zwei Drittel auf das Projektprogramm und ein Drittel auf die Ertüchtigung der Bestandsanlagen. Geschäftsführer Markus Scheib deutet dies als positives Signal für den Standort: „Die Investitionen zeigen, welchen Wert unsere Gesellschafter der MiRO beimessen – ein klares Bekenntnis zum Standort! Und auch die Region profitiert durch Arbeitsplätze, Wirtschaftskraft, Steuereinnahmen und eine weiterhin zuverlässige, bezahlbare Versorgung mit Energie“.
Das einzige, was in den kommenden Wochen „stillsteht“, ist die Produktion. In und um die Anlagen herum herrscht Hochbetrieb. Diese werden gereinigt, falls erforderlich repariert, technisch weiter optimiert und durch Zugelassene Überwachungsstellen (ZÜS) überprüft. Die Arbeitsliste ist lang: Es müssen 14 Großmaschinen, 97 Kolonnen, 979 Sicherheitsventile sowie 1.367 Wärmetauscher, Apparate und Behälter unter die Lupe genommen werden. Alles in allem wird die Mannschaft rund 2.000.000 Arbeitsstunden leisten.
Neben der 1.000-köpfigen MiRO-Mannschaft werden in der Spitze bis zu 5.000 Arbeitskräfte von Partnerfirmen auf dem Werksgelände sein – in Zeiten von Corona eine besondere und für das erfahrene Raffinerieteam auch eine neue Herausforderung. Das Arbeitsumfeld ist entsprechend vorbereitet – auf die große Anzahl an Menschen, aber auch auf die Anforderungen im Rahmen von Corona. Gemeinsam mit Partnerfirmen-Vertretern hat die Raffinerie ein spezielles Hygiene- und Vorsorge-Konzept entwickelt und dieses den jeweils neuesten Erkenntnissen und geänderten Corona-Verordnungen angepasst. „Dieses zielt darauf, Präventionsmaßnahmen so wirkungsvoll und sinnvoll wie möglich zu gestalten, um nicht in den Reaktionsmodus zu kommen“, erläutert Marc Breitling, Leiter Projekte und Instandhaltung.
Im Oktober hat die Raffinerie das Hygiene-Konzept erstmalig den zuständigen Behörden vorgestellt. Marc Breitling berichtet: „Wir stehen zu unseren speziellen Corona-Maßnahmen mit dem Ordnungs- und Gesundheitsamt der Stadt Karlsruhe sowie mit dem Regierungspräsidium in regelmäßigem Austausch miteinander. Es war uns wichtig, von Anfang an offen mit dem Thema umzugehen, Feedback zu erhalten und die Expertise der Behörden einzubeziehen. Diese Transparenz hat uns auch Planungssicherheit gegeben. Wir haben großen Respekt vor der Zusatz-Herausforderung „Corona“ – aber wir fühlen uns auch gut vorbereitet“.
Durch eine entsprechende Gestaltung der Infrastruktur und Abläufe soll die Kontaktrate minimiert werden: mehr Parkplätze, mehr Zugänge zur Raffinerie, mehr Platz in Waschkauen, Raucherunterständen, Besprechungszimmern, weniger Wartezeiten bei der Ausgabe von Arbeitsgenehmigungen, zwei statt ein Kantinenzelt und zusätzliche Verpflegung über Imbisswagen, um einige Beispiele zu nennen. Sogenannte „Hygiene-Scouts“ beobachten, ob alle die Corona-Regeln einhalten und intervenieren, sollten Masken nicht korrekt getragen oder Abstände nicht eingehalten werden.
Zentraler Baustein des Konzeptes ist eine Test-Strategie. „Wir wollen die Gesundheit aller im Stillstand schützen und Corona so weit es irgendwie geht aus der Raffinerie heraushalten“, erklärt Marc Breitling. Daher müssen alle Partnerfirmenmitarbeiter vor ihrem Einsatz negativ auf Corona getestet sein, um Zutritt zum Werksgelände zu erhalten. Getestet wird zweimal im Abstand von fünf Tagen in einem eigens eingerichteten Testzentrum unter ärztlicher Leitung. Innerhalb von zwei Wochen waren schon über 2.500 PCR-Tests durchgeführt – rund 1 % davon positiv. „Testen ist wichtig, sagt Marc Breitling, denn jeder positiv getestete Mitarbeiter, den wir vor Betreten des Geländes aussortieren, kann schon niemanden mehr auf dem Gelände anstecken“.
Maßnahmen im Rahmen eines speziellen Sicherheitskonzeptes sollen für eine unfallfreie Großinspektion sorgen. So wird zum Beispiel jeder, der auf dem Raffineriegelände tätig wird, vorher sorgfältig eingewiesen. Außerdem wurden die Sicherheitsfachkräfte verstärkt, damit jederzeit und überall Ansprechpartner zu Sicherheitsthemen vor Ort sind.
Um die Situation im Berufsverkehr zu entlasten und die Verkehrs- und Personendichte beim Raffineriezugang zu entschärfen, hat MiRO ein zusätzliches drittes Werktor mit eigener Zufahrt eingerichtet. Dennoch ist in den kommenden Wochen im Bereich der Raffinerie mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen zu rechnen. Allerdings dürfte dieses „Mehr“ deutlich weniger spürbar sein als vor Corona, da insgesamt doch deutlich weniger Autos als vor Beginn der Pandemie unterwegs sind.
Die Arbeiten beginnen Mitte Februar mit dem schrittweisen Abfahren der Anlagen. Dabei und bei der Wiederinbetriebnahme um Ostern herum kann es aus sicherheitstechnischen Gründen vorübergehend zum Ansprechen der Fackeln kommen. Geschäftsführer Dr. Axel Roth bittet die Nachbarn um Verständnis für diese besondere Situation und betont: „Zwei Ziele haben oberste Priorität: Wir wollen, dass alle, die bei uns im Stillstand arbeiten, gesund starten, gesund bleiben und auch gesund wieder nach Hause gehen. Außerdem bemühen wir uns nach Kräften, die Auswirkungen auf unser Umfeld so gering wie möglich zu halten.